Warum soll ich mich für Natur in Kanada engagieren?

70 % Kanadas machen große Naturgebiete aus. 34% des Landes sind mit Wald bedeckt, 53% davon sind Urwald (1,2).

Jede:r weiß um die Bedrohung und den Wert der Amazonaswälder. Doch gleichzeitig spricht kaum jemand vom vergessenen Ökosystem Kanadas: In British Columbia (BC) befindet sich die letzte große zusammenhängende Fläche temperierten Regenwaldes der Welt (3). Noch gibt es dort Urwald, im Gegensatz zu Deutschland. Und doch ist leider ist die Holzwirtschaft in Kanada einer der wichtigsten Wirtschaftszweige und ausgerechnet BC einer der letzten Rechtsräume der Erde, der weiterhin die großflächige Abholzung von 600-1800 Jahre alten Urwaldriesen erlaubt (4). Zwischen 2003 und 2010 war allein die Abholzung in BC verantwortlich für einen jährlichen
CO₂-Ausstoß von 49,5 Megatonnen (5), mehr als ganz Finnland.
Folgeprobleme sind die Abtragung von nährstoffreichen Böden, fehlende Niederschläge, Niedrigwasser in Flüssen, fehlender Luftfilter und Wasserspeicher, erhitztes Mikroklima, der Verlust ganzer genetischer Bibliotheken, die Unterbrechung der Laichzyklen der Lachse in Kanada, sowie der zunehmende globale CO2-Ausstoß, der zum Klimawandel beiträgt. Etwa 13% des globalen CO₂-Ausstoßes entstammen dem Waldverlust (6), weit mehr als aus dem Flugsektor (7).

Einzigartige und artenreiche Natur

Der temperierte Regenwald ist ein einzigartiges Ökosystem. Seine Urwälder beherbergen eine einzigartige Artenvielfalt und Jahrtausende alte Baumriesen. Seltene Geisterblumen sind hier zu Hause, außerdem Bären, Wölfe und Adler. 

Wildnis ist der einzige Ort, an dem unzählige Arten einen passenden Lebensraum finden. Denn je älter Wälder werden, umso größer wird ihre genetische Vielfalt und umso besser die Fortpflanzungsfähigkeit ihrer Lebewesen. So garantieren Urwälder das Überleben unzähliger Arten und sind essentiell für die Erhaltung der Artenvielfalt (8). Nur wenn bestehende Natur erhalten wird, kann sich die Artenvielfalt von dort aus wieder ausbreiten. Das ist eine essentielle Voraussetzung für die Wiederherstellung und Sanierung von geschädigten Wäldern, Flächen und Böden, vor allem jene, die von Wüstenbildung, Dürre und Überschwemmungen betroffen sind.
Nach einer Abholzung erreichen einige funktionale Gruppen wie Pilze, Flechten und Käfer brauchen bis zu 180 Jahre um sich zu erholen und erreichen nie wieder das Level des Urwaldes. Diese langsamen Erholungsraten einiger funktionaler Gruppen, die für das Funktionieren des Ökosystems essentiell sind, machen Primärwälder zu einer unersetzlichen Ressource der Biodiversität (9).

Klimaerhalt

Bei der CO₂-Speicherung sind die temperierten Regenwälder weltweit Spitzenreiter. Die bis zu 2000 Jahre alten Bäume und Moore spielen im Klimaschutz eine entscheidende Rolle. Nirgendwo sonst binden die Bäume und Waldmoore so viel CO₂ – über 60 kg sind es pro Quadratmeter im Misty Forest! Zudem haben Bäume mit einem großen Durchmesser disproportional massive Mengen Kohlenstoff gespeichert (10). Indem wir sie schützen, stellen wir sicher, dass der Kohlenstoff gebunden bleibt und nicht als CO₂ zurück in die Atmosphäre gelangt, wo er die Erderwärmung beschleunigen würde. Treibhausgase verteilen sich gleichmäßig in der Atmosphäre. Nach dem Prinzip der Klimaneutralität ist es daher unerheblich, an welchem Ort Emissionen verursacht oder eingespart werden. Entscheidend ist vielmehr, dass global die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre gesenkt wird. 
Zudem sichern wir weitere wichtige Funktionen des Waldes für ein stabiles Klima: bspw. seine Kühlungs- und Wasserspeicherfunktion, ohne die wichtige Niederschläge ausbleiben würden, sodass es zunehmend heißer und trockener werden würde. Weiterhin produziert der Wald lebenswichtigen Sauerstoff und filtert die Luft.
Der Schutz kanadischer Regenwälder ist somit ein handfester Beitrag zum Klimaschutz. 

Wildnis hat global positive Auswirkungen

Der Schutz von Wildnisgebieten hat viele positive Auswirkungen: Stabile Niederschläge, saubere Luft, klares Wasser, Artenvielfalt, Klimaerhalt, Ruhepole für Rückzug und Erholung, fantastische Landschaften, Platz für Abenteuer und Herausforderung, Besinnung auf unsere Wurzeln. Wo wir diese Orte schützen, hat dabei keinen Einfluss darauf, wie sehr wir von diesen positiven Auswirkungen profitieren können.

In Kanada gibt es noch Wildnis

 Auch in Deutschland gab es einst flächendeckend Urwälder mit alten Bäumen. Daran, dass heute nichts mehr davon übrig ist, zeigt sich, dass Wildnis keine Selbstverständlichkeit ist. Es ist unsere Verantwortung, die verbleibenden Wildnisgebiete zu schützen, egal wo sie sich befinden.

Danke an die Natur sagen

Das natürliche Gleichgewicht bleibt nur erhalten, wenn wir nicht mehr nur Nehmen, sondern auch Geben. Daher ist es Zeit, endlich auch wieder an die Natur zurückzugeben. Sagen wir Danke für alles, womit sie uns versorgt – beschützen wir sie.

Rechtssicherheit und dauerhafter Schutz

Kanada ist ein Rechtsstaat mit strengen Regelungen zu Eigentumsverhältnissen. Das macht eine willkürliche Enteignung unmöglich. Anders als in Ländern mit weniger stark ausgeprägter Rechtssicherheit zieht deswegen eine Beschädigung umfassende Sanktionen nach sich. Der British Columbia Trespass Act verbietet es eindeutig, Privatland zu betreten. Verstöße werden auf Klage gerichtlich verfolgt, selbst wenn kein Schaden entstanden ist. Ein Zaun, natürliche Grenzen oder Schilder sollten gegeben sein, weshalb unsere Landstücke mit Schildern gekennzeichnet sind. Zudem sind unsere Schutzgebiete aufgrund ihrer Abgelegenheit und dem unerschlossenen Gebiet nur unter großem finanziellen, materiellen und zeitlichen Aufwand und nicht ohne Risiko erreichbar. Wir kontrollieren die geschützten Gebiete bei regelmäßigen Expeditionen. Die Flächen werden durch Wilderness International und unsere kanadische Schwesterstiftung Wilderness International (Canada) per Grundbucheintrag gekauft. Unsere Satzung legt mit dem Stiftungszweck fest, dass die Landstücke unberührt gelassen und lediglich zu Forschungs- und Dokumentationszwecken aufgesucht werden. Das Stiftungskonstrukt verhindert, dass die Rechte über die Verfügung von Eigentum bei einer einzelnen Person liegen. Vielmehr gehört die Stiftung und damit auch ihr Land immer allen zum Zeitpunkt X in der Stiftung engagierten Menschen. So ist der langfristige Schutz der gekauften Gebiete gewährleistet. Wir gehen beim Kauf von Landstücken immer in Vorleistung. Ihre Spende refinanziert den Kauf. Dadurch stellen wir sicher, dass für Ihre Spende auch wirklich genau das Waldstück geschützt wird, welches Sie ausgewählt haben.

Akute Bedrohung

Von der ursprünglichen Fläche des temperierten Regenwaldes sind in Kanada nur noch etwa 25% übrig. Diese letzten Gebiete sind verschiedenen Bedrohungen ausgesetzt:

  • Holzgewinnung in Urwäldern
  • Agrarflächen verdrängen die Wälder
  • Zersiedlung und Bau von Infrastruktur wie z.B. Straßen
  • Austritt Kanadas aus dem Kyoto-Protokoll

Lies dazu auch „Warum keine lokalen Projekte?“ und „Warum engagieren sich die Kanadier nicht selbst?“

Quellen:
1: Mongabay (2010). Canada Forest Information and Data. Abgerufen am 04.02.2022. 
2: Watson, James E. M., Allan, James R. et al. (2018). Protect the last of the wild. Nature 563, S.27-30 (2018). 
3: DellaSala, D.A.(Hg.), 2010. Temperate and boreal rainforests of the world: Ecology and Conservation, Island Press, Washington,D.C.
4: Wu, K., 14.09.2019. What will it take to save B.C.’s old-growth forests?, Vancouver Sun, Vancouver.
5: Wieting, J., 2015. B.C. Forest Wake-Up Call: Heavy Carbon Losses Hit 10-Year Mark, Sierra Club BC, Victoria.
6: Quarks (2018). Darum ist die Zerstörung des Regenwalds schlimmer als Du denkst.
7: Ritchie, H. (2020). Climate change and flying: what share of global CO2 emissions come from aviation? Our world in data.
8: Gibson, L., Lee, T.M., et al. (2011). Primary forests are irreplaceable for sustaining tropical biodiversity. Nature 478, 378–381 (2011).
9: Spake, R., Ezard, T.H.G., Martin, P.A. et al. (2015). A meta-analysis of functional group responses to forest recovery outside of the tropics.
10: Mildrexler, D. J., Berner, L. T., Law, B. et al. (2020). Large Trees Dominate Carbon Storage in Forests East of the Cascade Crest in the United States Pacific Northwest. Frontiers in Forests and Global Change 3(20).

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